BZgA: Schluss mit dem Jungfernhäutchen-Mythos!

BZgA: Schluss mit dem Jungfernhäutchen-Mythos!

Startdatum
9. Mai 2021
Petition an
Prof. Dr. Martin Dietrich (Kommissarischer Direktor der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)) und
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Warum ist diese Petition wichtig?

Gestartet von Christina Mundlos

Wir fordern von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung einen sofortigen Rückruf und eine Korrektur der millionenfach ausgegebenen Hefte „Das kleine Körper-ABC“!

Aktuell werden wieder viele Mädchen und Jungen in ihren Schulen mit diesem vermeintlichen Aufklärungsheft der BZgA konfrontiert. Als Mutter habe ich mir dieses Heft, das meine 9-jährige Tochter aus der Schule mitbrachte, genauer angesehen und war schockiert! Insbesondere in Bezug auf den weiblichen Körper und die weibliche Sexualität steckt die Broschüre voller Fehler und tendenziöser, frauenfeindlicher Formulierungen. Und das betrifft nicht nur die Verbreitung des „Jungfernhäutchen-Mythos“…

Das Heft muss einer vollständigen Überarbeitung und Anpassung an zeitgemäße Fakten unterzogen werden! Insbesondere die (abwertenden) Falschdarstellungen zu „Jungfern­häutchen“, Klitoris, „Schamlippen“ und „Scheide“ sind zu korrigieren!

  • Das "Jungfernhäutchen" existiert und soll "heil bleiben"?!
  • Die Klitoris - nur eine "Stelle" klein wie eine Perle?!?
  • Die Scheide ist eine "Röhre" … und die Welt eine Scheibe...

Im Folgenden stellen wir die problematischsten Stellen aus dem Heft vor:

  1. Seite 38 „Hymen (Jungfernhäutchen)“:

    Nicht nur, dass fast jeder Satz falsch ist, Mädchen Angst einflößen kann („ein Tampon passt meist durch“) und/oder tendenziös und frauenfeindlich formuliert ist. Es existiert kein Jungfernhäutchen. Was statt dem sogenannten „Jungfernhäutchen!“ bzw. Hymen jedoch existiert ist der Vaginalkranz (Korona), welcher auch noch völlig im Heft fehlt. Das „Jungfernhäutchen“ ist eine Erfindung zur Unterdrückung von Frauen. Es ist skandalös, dass eine Behörde, die der Aufklärung dienen soll, millionenfach Kindern erklärt, die „Erde sei eine Scheibe“. Die Seite sollte ersetzt werden durch einen Text zum „Hymen-Mythos“. Dass das vermeintliche „Jungfernhäutchen“ beim ersten Sex meist blutet, ist gleich auf mehreren Ebenen falsch und macht Mädchen nicht nur Angst vor der Sexualität, sondern dieser Mythos wird auch für ihre Verfolgung und sogar Ermordung als Begründung herangezogen – auch in Deutschland! Es kann also für Mädchen mitunter lebensgefährlich sein, wenn sie und auch die Jungen dies von der BZgA falsch lernen.

    Zum einen darf der Begriff „Sex“ nicht Synonym mit dem Begriff „Geschlechtsverkehr“ verwendet werden. Die Reduzierung der Sexualität auf die Penetration führt bei Kindern zu falschen Vorstellungen und Schamgefühlen und ist augenscheinlich aufgrund der Diversität unserer Sexualität völlig überholt. Darüber hinaus bluten Frauen eben nicht automatisch beim ersten Geschlechtsverkehr. Vielmehr ist ein Bluten oft ein Zeichen dafür, dass die Frau noch nicht bereit/erregt genug war. Es ist also ein mögliches Indiz für Übergriffigkeit und Gewalt! Kindern beizubringen, dass eine Blutung dabei normal wäre, bedeutet also vor allem eins: Mädchen beizubringen, es wäre normal, Schmerzen zu ertragen und dass ihre Grenzen missachtet werden. Und Jungen lehrt es, dass es völlig in Ordnung ist, wenn sie Grenzen überschreiten oder sich beim Sex gewaltsam verhalten. Passender wäre dafür eine Text zum Thema „K wie Konsens“.

    Die Information in Ihrem Heft, dass es in verschiedenen Religionen sehr wichtig sei, dass das „Jungfernhäutchen“ heil bleibt bis zur Hochzeitsnacht, ist hier völlig unangebracht. Weshalb werden in einem Aufklärungsheft für Kinder frauenfeindliche, die Sexualität limitierende und für Mädchen und Frauen lebensgefährliche religiöse Anforderungen völlig unkritisch wiedergegeben? Die Bezeichnung, dass das „Jungfernhäutchen“ in diesen Religionen „sehr wichtig“ sei, ist zudem mehr als euphemistisch und Hohn für Opfer von dieser Gewalt- und Unterdrückungsform. Das wirkt so als könnten sich Mädchen aufgewertet fühlen. Aber die Unterteilung von Frauen in „Heilige“ und „Huren“ ist eine Abwertung ALLER Frauen. Dieses Aufklärungsheft sollte ohne religiöse und/oder frauenfeindliche Einflussnahme Kinder/Teenies darüber aufklären, dass ihre Körper ok sind und dass Sexualität ok ist, dass Mädchen und Jungen gleichberechtigt sind und dass Konsens die absolute Voraussetzung für jede Form der Sexualität ist.

  2. Seite 50 „Menstruation“: Pubertierenden Mädchen einzureden, die Menstruation müsste nach 5 Tagen spätestens vorbei sein, ist nicht nur falsch sondern führt auch zu völlig unnötiger Verunsicherung und Ängsten bei Mädchen. Die Formulierung, dass sich in der Gebärmutter eine „dünne Schicht Blut“ sammelt ist verfälschend und wird ohne jeglichen Hinweis darauf, welchem Zweck dieser Vorgang dient, genannt. Da Blut allgemein mit Verletzung und Krankheit assoziiert wird, wäre es sehr wichtig, hier auf den Grund für die Blutung hinzuweisen und zu erklären, dass es sich um einen völlig normalen Ablauf handelt. Außerdem stellt sich die Frage, weshalb im Jahr 2021 nur auf Tampons und Binden verwiesen wird, statt auch Menstruationstassen, Stoffbinden, Menstruationswäsche etc. mit einzubeziehen, die längst weit verbreitet und auch nachhaltiger sind.
  3. Seite 53 „Muttermund“: Die Formulierung legt nahe, dass die Öffnung des Muttermundes im Regelfall für Samenzellen bestimmt wäre und im Ausnahmefall hierdurch das Menstruationsblut abfließt. Dies ist ein sehr männlicher Blick auf den Muttermund. Für Frauen ist es Alltag, dass sie menstruieren und eher selten, dass eine Schwangerschaft herbeigeführt werden soll.
  4. Seite 69 „Schamlippen“: Zum einen ist diese Bezeichnung überholt – insbesondere auch, weil sie Mädchen und Frauen in ihrer Sexualität und ihrem Körpergefühl negativ beeinträchtigt. Daher sollten sie hier Vulvalippen genannt werden. Des Weiteren gibt es nicht „die kleinen“ und „die großen“ Vulvalippen. Es gibt nur äußere und innere Vulvalippen – und die inneren „verstecken“ sich auch nicht. Meistens sind eine oder beide innere Vulvalippen größer als die äußeren Vulvalippen. Somit bringt der aktuelle Text der Mehrzahl der Mädchen bei, ihr Körper wäre falsch und dass die inneren Vulvalippen klein sein sollten. Das wäre so als würde man Jungen erklären, dass der Penis stets gerade ist und der Hodensack immer symmetrisch hängt. Wozu wäre es gut, Kindern so etwas Falsches einzureden? Es hat sich ein ganzer Zweig der „Schönheits“-Industrie entwickelt, um die Vulvalippen von Mädchen ohne medizinischen Grund zu beschneiden, damit diese in das Bild passen, welches die BZgA-Broschüre erzeugt. Mädchen müssen sich nicht verstecken und ihre Geschlechtsteile sind keine „peinlichen Teile“, die sich selbst verstecken vor lauter Scham.
  5. Seite 68 „Scheide“: Die "Scheide" ist keine "Röhre". Die gesamte "Scheide" ist von der Beschaffenheit her eher wie ein Akkordeon: faltig und dehnbar. Sie beschreiben den Penis nicht als Schlauch oder als Fleischwurst – verzichten Sie doch auch darauf, weibliche Geschlechtsorgane mit dem Begriff „Röhre“ abzuwerten. Darüber hinaus sollte die „Scheide“ als Vagina bezeichnet werden. Der Begriff „Scheide“ ist abwertend und wird schnell in Verbindung mit einem Schwert gebracht, das in eine Scheide gesteckt wird,ein „Gegenstück“ oder „Gefäß“ für den männlichen Penis. Außerdem wird der Geschlechtsverkehr automatisch mit Gewalt (Schwert->Kämpfen->Krieg) verknüpft.
  6. Seite 36 „Homosexuell“: Schwul sein bedeutet, dass Männer Männer lieben. Lesbisch sein aber bedeutet, dass Frauen sich "ausschließlich" in Frauen verlieben "können". Diese Formulierung ist schon lange nicht mehr mit der political correctness vereinbar. Sie fokussiert sich bei den Frauen auf ein „Nicht-Können“. Lesbisch sein ist keine Krankheit und kein Unvermögen.
  7. Seite 46 „Klitoris (Kitzler)“:

    In Ihrem Heft von 2016, welches noch immer an Schulen und in Jugendzentren verteilt wird, schreiben Sie, die Klitoris wäre nur eine Stelle, „eine kleine Perle“. Das ist vollkommen falsch und hinlänglich bekannt. Genauso könnte man den Penis als „kleine Stelle“ bezeichnen.  Die Lage der Klitoris wird ebenfalls falsch beschrieben. Da sie eben nicht nur eine kleine Stelle ist, liegt sie nicht ausschließlich zwischen den „kleinen Schamlippen“.

    Im Heft von 2020 schreibt die BZgA, die Klitoris wäre eine Stelle, die Teil eines Organs sei. Später heißt es dort, die Klitoris sei das Organ. Teile dieser Sätze sind falsch und stehen im vollständigen Widerspruch zum restlichen Absatz. So wie der Penis nicht eine Stelle an einem Organ namens Penis ist, ist auch die Klitoris nicht eine Stelle an der Klitoris. Hier muss dringend für Aufklärung gesorgt werden, da das Ziel ja nicht ist, Kinder mit tautologischen und falschen Formulierungen zu verwirren. Dazu kommt, dass die Klitoris nicht bis zu 10 cm groß werden kann, sondern bereits ohne Schwellung 10-13 cm groß ist. Damit ist sie größer als der durchschnittliche Penis.

Wir fordern: AUFKLÄRUNG statt VERKLÄRUNG! Sämtliche bisher ausgegebene Hefte von „Das kleine Körper-ABC“ müssen zurückgerufen werden und eine gründliche Überarbeitung und Korrektur des Heftes muss stattfinden!

Das „Aufklärungsheft“ scheint auf einem Wissensstand von vor 40-50 Jahren stehengeblieben zu sein und enthält gefährliche Falschinformationen! Die falschen Vorstellungen, z.B. über das vermeintliche „Jungfernhäut­chen“, kosten manche Mädchen und Frauen sogar das Leben! Es handelt sich hier also ganz und gar nicht um Kleinkram oder Lappalien.

Bitte unterschreibt & teilt unsere Petition! #shespect #likenovirgin

  • SHESPECT e.V.
  • Lisa Keil, Mediengestalterin
  • Christina Mundlos, M.A., Soziologin & Autorin
  • Sebastian Tippe, Diplom-Pädagoge, Autor
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